11. Dezember 2025
Was ist eine blinde Tasche?

Blinde Tasche

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Beim Nähen taucht der Begriff „blinde Tasche“ immer wieder auf, besonders in Schnitten für Blazer, Mäntel und elegante Jacken. Oft sieht das fertige Kleidungsstück aus, als hätte es eine richtige Tasche – tatsächlich fehlt aber der Eingriff. Wenn du weißt, wie diese optische Täuschung funktioniert und wofür sie eingesetzt wird, kannst du sie bewusst in deinen eigenen Nähprojekten nutzen, um Schnitte zu verfeinern, Linien zu betonen und Kleidung professioneller wirken zu lassen.

Was eine blinde Tasche ausmacht

Unter einer blinden Tasche versteht man eine Tasche, die nur angedeutet ist und keine Funktion hat. Sie wirkt wie eine normale Tasche, kann aber nicht benutzt werden. Fachlich wird das so beschrieben: Nur angedeutete Taschen, die keine Gebrauchstüchtigkeit besitzen, weil sie über keine Eingriffe verfügen. Typisches Beispiel ist das blinde Aufnähen von Patten, die in vorhandene Schließnähte eingeschoben oder aufgenäht und dann übergesteppt werden.

Damit ist klar: Bei der blinden Tasche steht nicht die praktische Nutzung im Vordergrund, sondern die Optik. Die Linienführung des Kleidungsstücks bleibt stabil, weil keine Öffnung in den Stoff geschnitten wird. Gleichzeitig entsteht der Eindruck, das Teil hätte eine Tasche – durch Patte, Steppnähte oder eine spezielle Formgebung.

Warum blinde Taschen eingesetzt werden

In der Praxis kommen blinde Taschen vor allem dann zum Einsatz, wenn ein bestimmter Look gewünscht ist, echte Taschen an dieser Stelle aber unpraktisch wären. Bei schmal geschnittenen Blazern oder feinen Wollstoffen kann eine funktionale Tasche das Material ausdehnen, unschöne Beulen verursachen oder die klare Silhouette stören. Eine blinde Tasche gibt dir die Möglichkeit, das Design einer klassischen Anzugjacke zu übernehmen, ohne dass später schwere Gegenstände in der Tasche landen und die Form ruinieren.

Auch in der Kindermode werden blinde Taschen gern verwendet. Kleidung für Kinder soll oft hübsch aussehen, muss aber nicht an jeder Stelle zusätzlichen Stauraum bieten. Gerade bei schlichten Kleidern, Röcken oder Sweatjacken reichen Patten und Ziersteppungen, um die Optik interessanter zu machen. In der Kostüm- und Theaterwelt spielen blinde Taschen ebenfalls eine Rolle: Dort zählt vor allem der Eindruck aus der Entfernung, nicht die echte Funktion.

Typische Formen und Positionen

Blinde Taschen findest du häufig auf der Vorderseite von Blazern, Sakkos und Mänteln, oft in Höhe der Hüfte. Dort werden Patten aufgesetzt, die aussehen, als verdeckten sie einen Tascheneingriff. Manchmal ist unter der Patte tatsächlich eine Tasche vorbereitet, die aber nicht geöffnet wird; manchmal liegt nur die Patte auf dem Stoff. Auch auf Brusthöhe können blinde Brusttaschen vorkommen, zum Beispiel an Herrenjacken oder Damenblazern, wenn ein klassischer Anzugstil angedeutet werden soll.

Bei Röcken und Hosen kommen blinde Taschen vor, wenn das Modell zwar sportlich oder lässig aussehen soll, aber keine zusätzliche Weite an den Hüften verträgt. In solchen Fällen reicht eine Ziersteppung oder eine Patte, um den typischen Taschenlook zu erzeugen, ohne dass der Schnitt verändert wird.

Verarbeitung und Nähtechniken

Wenn du eine blinde Tasche nähen möchtest, arbeitest du im Grunde mit denselben Elementen wie bei einer echten Tasche – nur eben ohne die Öffnung. Häufig wird zuerst die Patte vorbereitet: Sie besteht aus Oberstoff und Futter oder aus zwei Lagen Oberstoff, wird verstürzt, gebügelt und sauber abgesteppt. Anschließend positionierst du sie an der gewünschten Stelle, meist entlang einer Naht oder Markierung im Schnittmuster.

Damit die blinde Tasche überzeugend wirkt, ist die Platzierung entscheidend. Die Patte sollte parallel zur Saumlinie verlaufen und im richtigen Abstand zu anderen Nähten sitzen. Oft wird sie in eine vorhandene Schließnaht eingeschoben oder direkt aufgenäht und anschließend übergesteppt, sodass der Eindruck entsteht, hier beginne eine echte Tasche. Auf glatten Stoffen mit wenig Struktur fallen ungenaue Steppnähte sofort auf. Eine sorgfältige Bügelarbeit und ein gleichmäßiger Stich machen den Unterschied zwischen „selbstgemacht“ und „professionell“.

Blinde Tasche im DIY- und Upcycling-Bereich

Auch wenn du keine klassische Maßkonfektion nähst, kann die blinde Tasche für dich spannend sein. In DIY-Projekten lässt sich damit ein schlichter Mantel optisch aufwerten, ohne am Schnitt etwas zu verändern. Du kannst eine vorhandene Jacke aus dem Schrank nehmen, Patten aus einem passenden oder kontrastierenden Stoff zuschneiden und aufnähen. So entsteht eine neue Linienführung, die das Kleidungsstück moderner oder eleganter wirken lässt.

Beim Upcycling eignet sich die blinde Tasche besonders für empfindliche oder schon etwas ältere Stoffe. Anstatt in das Material zu schneiden und die Stabilität zu riskieren, bringst du nur die sichtbaren Taschenelemente auf. Das ist schonend und lässt sich gut an vorhandene Nähte anpassen. Gerade bei Vintage-Stücken kann diese Technik helfen, den Stil zu erhalten und trotzdem kleine Veränderungen vorzunehmen.

Worauf du beim Nähen achten solltest

Wenn du zum ersten Mal eine blinde Tasche einplanst, hilft eine genaue Markierung auf dem Stoff. Zeichne dir die Position mit Schneiderkreide an und prüfe vor dem Nähen, ob die Pattenhöhe zu deiner Körpergröße und zur Gesamtlänge des Kleidungsstücks passt. Sitzt die Tasche zu tief oder zu hoch, wirkt das Design schnell unausgewogen.

Außerdem lohnt es sich, ein Probestück anzufertigen. Auf einem Rest des Originalstoffes kannst du die Steppnähte testen, den Abstand zur Kante kontrollieren und verschiedene Garne ausprobieren. Ein leicht verstärktes Stoffteil unter der Patte sorgt dafür, dass sie sauber aufliegt und sich nicht verzieht. So erkennst du, ob die blinde Tasche wirklich so aussieht, wie du es dir vorstellst, bevor du am eigentlichen Kleidungsstück arbeitest.

Fazit: Dekoratives Detail mit klarer Funktion im Design

Die blinde Tasche ist ein gutes Beispiel dafür, wie stark Details die Wirkung eines Kleidungsstücks beeinflussen können. Sie erfüllt keine praktische Aufgabe, ist aber im Design dennoch wichtig. Mit ihr kannst du klassische Schnitte zitieren, Proportionen ausbalancieren und schlichte Modelle interessanter machen, ohne die Konstruktion zu verändern. Wenn du den Begriff „blinde Tasche“ im Schnittmuster liest, weißt du nun, dass es um eine angedeutete, nicht nutzbare Tasche geht, deren Wirkung allein im Erscheinungsbild liegt. Nutzt du diese Technik bewusst in deinen Projekten, wirken deine genähten Teile oft deutlich professioneller – auch dann, wenn sie ganz ohne echte Taschen auskommen.

Was ist eine blinde Tasche?
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